ERNEUT LESEN: Wo sind meine Leute? Teil 1

ERNEUT LESEN: Wo sind meine Leute? Teil 1

von Recon News

03 Juni 2020

Recon Team Mitglied: ThatSandy

Ursprünglich in Recon Issue_01 veröffentlicht


Diesen Artikel zu schreiben, fiel mir wirklich schwer. Über Herkunft und Rasse in der schwulen und Fetisch Community zu schreiben, kann verhängnisvoll sein, die Auswirkungen, die das Nicht-Repräsentiert Sein auf diese Gruppen hat, kann noch verhängnisvoller sein. Also, los geht's...

Ich mache immer diesen Witz, dass die einzigen schwarzen Menschen, die ich auf Fetisch Partys im Vereinigten Königreich sehe, ich selbst, Antoin (unser Events Producer) und TheBunny sind. Da der Diskurs über Diversität und Repräsentation mehr und mehr ein Gesprächsthema in unserer Gesellschaft wird, dämmerte es mir, dass, obwohl dieser Witz gewiss eine Übertreibung ist, entscheidend zu wenig Menschen, die wie ich aussehen, in ihrer Gear in der Szene unterwegs sind.

Eine Sache, die ich auf jeden Fall auf meinen Reisen festgestellt habe, ist der Unterschied zwischen Europa und den USA, was diese Frage angeht. Es gibt eine sofortige Verbindung und ein gegenseitiges Erkennen, wenn ich eine andere Person of Colour in der Szene unterwegs sehe. Ohne viel dazu sagen, verstehen wir die Kämpfe, die andere Minderheiten ausstehen müssen. Zum Beispiel, bin ich während Folsom Europe ein Vorzeigeexemplar, während ich während Folsom East Street ein "Brother" bin. Eine Gruppe schwarzer Männer bei diesen Events in den Staaten unterwegs zu sehen, ist nicht ungewöhnlich.

Als ich die Gründerväter von ONYX NY/Northeast während CLAW traf, stach Recon Mitglied BOXERDADDY als eine meine frühesten Interaktionen mit einem anderen, schwarzen Mann in der Szene heraus. Da war dieser charmante, hübsche, sexy schwarze Mann mit einem Fetisch für Fighting, dessen Ausstrahlung einfach mächtig war. Als wir uns zum Gespräch hinsetzen, sagte er: "Ich ging in einen Raum, in dem ich der einzige Man of Colour war, aber ich genoss es. Ich bin einzigartig, ich bin anders, ich bin etwas Besonderes. Schau' mich an, bewundere mich, weil ich hier bin und ich werde hier auch bleiben. Entweder erkennst Du mich an oder nicht. Das ist Dir überlassen."

Für alle, die es nicht wissen, ONYX ist eine Organisation, die von Persons of Colour gegründet und unterhalten wird, die auf Fetisch und Kink stehen. Auf 9 Bereiche aus Gegenden der gesamten USA geeinigt, sprechen sie Themen an, die sich besonders um Persons of Colour drehen, aber klären auch darüber auf, wie man Kink safe ausleben sollte. BOXERDADDY wandte sich ONYX zu, als er zuerst feststellte, dass er kinky war und nach Verbindungen suchte. Ein Mitglied zu werden, brachte ihn letztendlich dazu andere Fetische kennenzulernen, aber ein Teil von etwas Größerem zu sein als er selbst, war etwas Besonderes.

"Deinen eigenen Weg zu erkunden, ist so viel lohnender als dem eines anderen zu folgen", ist das Mantra von BOXERDADDY und könnte die Inspiration für Men of Colour in Europa sein, damit sie etwas Ähnliches wie ONYX schaffen. Soweit ich Bescheid weiß, gibt es keine solchen Organisationen an diesen Orten.

Ich denke, dass, wenn ich früher ein Teil dieser Gruppe gewesen wäre, mir das durch viele Situationen und Erfahrungen in meinem Leben geholfen hätte. Ein schwarzer, schwuler Mann zu sein ist schon von der eigenen Community aus mit dem Stigma durchtränkt, packst Du dann noch Fetisch oben drauf, schafft das ein noch größeres Schamgefühl, dass Du auf Deinen Schultern mit Dir herumtragen musst. Nicht zu erwähnen, die Wahrnehmung anderer schwarzer Männer mit verschiedener Herkunft. Das kann eine sehr komplexe Umgebung sein, in der man da sexuell aufwächst. Die Fähigkeit haben, sich mit anderen zu verbinden, die aus derselben Ecke wie Du kommen, ist unbezahlbar. Um den Bedarf für Gruppen wie ONYX besser zu verstehen, habe ich mich mit deren Präsidenten, Angel aka Diablo ONYX, getroffen.

Angel sagt, dass er schon immer neugierig war und sich anders als alle anderen um ihn herum gefühlt hat. Von ONYX hörte er durch einen Freund und er sieht, dass Leute oft in die Gruppe kommen, weil sie nicht sicher sind, wo sie sonst ihre Kink-Neigungen ausbilden oder andere Männer, die wie sie aussehen, finden sollen. Der Ausdruck "Being on the DL" ist normalerweise etwas, dass mit schwarzer, schwuler Kultur in Verbindung gebracht wird. Man sieht das in den Torso-Profilen von Men of Colour in allen Apps. Die Angst dabei entdeckt zu werden, ist für diese Männer eine reale, weshalb Vertrauen für diese Men of Colour so wichtig ist, um sie auf ihrer Erfahrungssuche zu begleiten.

"Als ich zu Events wie MAL und CLAW ging, habe ich nicht viele People of Colour gesehen, also wusste ich nicht, ob ich da wirklich reinpasse", sagt mir Angel. "Bei ONYX zu sein hat sich für mich ein bisschen besser angefühlt, meine Interessen verfolgen zu können und was ich wollte, aber jeder hat seine eigene Story. Nach den Gesprächen mit vielen ONYX Mitgliedern habe ich immer wieder dasselbe gehört: man sucht einfach nach einem Ort, an dem man akzeptiert wird."

Vielleicht kann die Akzeptanz der Leute, die wie Du aussehen, helfen, den Ursprung des Schams zu mildern. Ich wollte weitere Standpunkte zu diesem Thema der Akzeptanz hören, also hat mich Angel netterweise, während einer ihrer Bar-Abende in der Woche von Folsom Street East in New York mit weiteren Mitgliedern zusammengebracht.

Daddy Sage sagt einfach: "Es ist wichtig, dass Leute sich selbst als das reflektiert sehen, wo sie gerade stehen." Er erklärt weiter, dass Gruppen für Minderheiten bedeuten, dass ihre kulturellen, politischen und sexuellen Ichs in einem sicheren Rahmen ausdrücken können.

Ihm wird von Recon Mitglied LeathermanLynx beigepflichtet, der einen praktischen Grund zusteuert, warum Men of Colour zusammenkommen müssen, um sich selbst in der Fetisch Community aufzuklären. "Nehmen wir Flogging als Beispiel. Man kann zu CLAW, MAL, SELF gehen. Man kann zu all diesen Treffen gehen und all' das Know-How sehen, aber wenn alle Lehrenden dort vor allem weiß sind, wird jemand, der wie ich aussieht, immer eine andere Frage haben. Ich kann nicht sagen, wenn ich auf diese [dunklere] Haut schaue, ob ich an dieser Stelle zu viel bearbeitet habe. Sie wird sich nicht rot, violett oder lila verfärben. Ich muss die Rötung spüren."

LeathermanLynx fügt noch hinzu: "Es muss möglich sein, sich in eine Situation zu begeben, wo ich weiß, dass, wenn ich in diesen Raum komme, ich erst auf den zweiten Blick als Leder Man of Colour angesehen werde... aber auf den ersten als Mensch."

Seine Worte über die Fetischisierung von Men of Colour in der schwulen Community, das ist etwas, dass ich selbst auch schon einige Male erfahren musste. Ganz ehrlich, es gab eine Zeit, wo ich in dieser Art Aufmerksamkeit total aufgegangen bin und mit ihrem Ergebnis sehr zufrieden war. Doch je älter ich werde, fühle ich mich beim Gedanken, dass ich wegen meiner Hautfarbe vielleicht oder vielleicht auch nicht anziehend auf jemanden wirke, eher unwohl und das hat für einen Zeitraum meines erwachsenen Lebens unrealistische Schönheitsideale in meinen Kopf gesetzt. Aber die Wahrnehmung anderer hört an diesem Punkt nicht auf.

[Fortsetzung folgt in Teil 2 am Freitag]

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