MITGLIEDER MEINUNG - Die Nuancen von Dominanz und Unterwerfung
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Recon News
11 März 2024
Die Nuancen von Dominanz und Unterwerfung: Aktiv, Passiv, Versatil, Switch, Top, Bottom.
Von NikeShoxBoy
Wenn wir älter und reifer werden, wird uns klar, dass die Welt nicht schwarz und weiß ist; wir leben nicht nur in dieser oder jener Box. Ich würde sagen, das Spektrum der Regeln und Normen, nach denen wir leben und uns privat und im Alltag verhalten, ist sehr viel differenzierter als das. Mord ist ein gutes Beispiel dafür. Töte niemanden. Es ist illegal. Es ist falsch. Aber was ist mit Selbstverteidigung? Was ist mit einem Unfall? Nuance. Grauzone. Das Verwässern eines Themas, das von der breiten Öffentlichkeit nur auf eine Art wahrgenommen wird. Der allgemeine Konsens lautet: Mord ist schlecht, tu es nicht. Und auch wenn es mildernde Umstände gibt, bleibt der allgemeine Konsens derselbe: Du sollst keinen Mord begehen. Im Laufe der menschlichen Existenz hat der Geschlechtsverkehr sicherlich seinen eigenen „allgemeinen Konsens" gefunden. Er beruht auf einer bestimmten Formel und einer Reihe von Umständen. Das angeborene Ziel ist es, sich fortzupflanzen, Leben zu erschaffen und die Menschheit am Leben zu erhalten - wieder und wieder und wieder und ... wieder.
Was können wir mit Sicherheit sagen? Ein heterosexuelles Paar liegt nackt auf dem Bett. Der Mann liegt oben. Die Frau liegt auf dem Rücken. Der Mann dringt in sie ein, bis er ejakuliert. Neun Monate später muss ein weiteres Familienmitglied versorgt werden. Das ist doch der allgemeine Konsens, oder? Wenn man beim Sex eher konventionell veranlagt ist, also die Kategorie Blümchensex zu einem passt, hält man sich an die Standardformel des Liebesspiels. Das Gegenteil von "kinky". Beim normalen Liebesspiel denkt man normalerweise nicht darüber nach im Sinne von Kink-Kategorien. Aber was wäre, wenn man es täte? Der Mann ist oben und hat eine aktive Position. Die Frau befindet sich unten in einer passiven Position. Um das ultimative Ziel der Empfängnis zu erreichen, wechseln der Mann und die Frau normalerweise nicht die Position. Der Mann bleibt in einer dominanten, aktiven Position und die Frau in einer unterwürfigen, passiven Position, damit die Wahrscheinlichkeit einer Empfängnis am höchsten ist. Und auch die Vielseitigkeit - verschiedene Stellungen und so weiter - ist kein Faktor, der sich auf das Konzept auswirken würde. Nichtsdestotrotz gibt es überall um uns herum Dominanz und Unterwerfung, beim gewöhnlichen Sex und in unserem täglichen Leben, selbst wenn wir nicht in diesen speziellen Kategorien und Ausdrücken darüber nachdenken, wie wir es in Bezug auf Kink tun.
Die Vorstellungen erweitern sich, verschieben sich, verändern sich, entwickeln sich, wachsen, passen sich an, usw. Das ist ganz natürlich. Das Wer, oder mit wem, wie, wann, wo und warum in Bezug auf Sex - der allgemeine Konsens - unser grundlegendes Verständnis dieser Faktoren - hat sich ebenfalls weiterentwickelt. Kink ist da keine Ausnahme. So wie alle Geschichten einen allgemeinen Aufbau haben, der aus einem Anfang (Exposition und Konflikt), einer Mitte (steigende Handlung und Höhepunkt) und einem Ende (fallende Handlung und Auflösung) besteht, gilt das auch für kinky Sex. Und an welchen Punkten dieses Konzepts bestimmte Praktiken und das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Penetration auftauchen, ist von Person zu Person unterschiedlich. Das bedeutet, dass der „Höhepunkt" nicht unbedingt der Zeitpunkt ist, an dem die Penetration beginnt oder an dem man buchstäblich zum Orgasmus kommt; der Höhepunkt kann auch der sein, an dem ein Dom seinen sub auspeitscht und schlägt. Der Weg vom Anfang bis zum Ende ist für jeden von uns einzigartig. Und während dieses Weges, vom Anfang bis zum Ende, können Dom und sub in den Rollen Aktiv, Passiv, Versatil, Switch, Top und Bottom verharren oder auch nicht.
Anmerkung: Ich würde das obige Schema anpassen, indem ich Exposition und Konflikt vertausche. Ich glaube, dass der „Konflikt" vor der Exposition kommen sollte. In Literatur, Fernsehen und Film ist das auch manchmal der Fall. Für Kinkster besteht der Konflikt sowohl aus einem äußeren als auch aus einem inneren Aspekt. Innerlich hat man den Drang, das Bedürfnis, den Wunsch, entweder zu dominieren, sich zu unterwerfen oder beides zu tun, je nachdem, woher der Wind weht, oder während der gleichen „Session" oder mit dem gleichen Partner zu wechseln. Dieser innere Konflikt wird gelöst, indem man äußerlich nach dem richtigen Partner sucht und ihn findet. Mit anderen Worten: Doms und subs sorgen für ein gegenseitiges Gleichgewicht. Mehr noch: Sie sind voneinander abhängig.
Kinky Sex in Verbindung mit klassischem BDSM hat einen allgemeinen Konsens und wir verwenden unseren Kink-Jargon, um diesen Konsens zu verdeutlichen. Beim Durchstöbern der Profile auf Recon stoße ich oft auf die Aussage der Aktiven: „Ich gehöre zur alten Garde (Old Guard)." Die alte Garde bezieht sich auf einen traditionellen Konsens in Sachen Kink und BDSM. Hinweis: Ich gehöre nicht zur OG-Kink-Welt, aber für gewöhnlich gibt es hierbei einen Master, einen sklaven und verschiedene körperliche und geistige Ausprägungen von BDSM, die je nach Kinkster Bondage, Disziplin, Dominanz, Unterwerfung, Sadismus und Masochismus beinhalten. Und selbst innerhalb der alten Garde gibt es Nuancen, Abweichungen und individuelle Abwandlungen des allgemeinen Konsenses. Der Anfang (Konflikt und Exposition), die Mitte (steigende Handlung und Höhepunkt) und das Ende (fallende Handlung und Auflösung) von BDSM sind allgemein bekannt, doch es gibt viele Nuancen, die für jeden einzelnen Kinkster einzigartig sind.
So, wie man mit der Zeit reift und erkennt, dass die Welt nicht schwarz und weiß ist, wird ein Kinkster unweigerlich wachsen und sich entscheiden, wie er sich mit den Begriffen identifiziert: Aktiv, Passiv, Versatil, Switch, Top, Bottom. Aktiv ist die Person, die es tut - was auch immer „es" ist. Passiv ist die Person, die „es" empfängt. Versatil ist jemand, der sowohl Top als auch Bottom ist. Switch bezeichnet jemanden, der sowohl dominant als auch unterwürfig ist. Top und Bottom sind hoffentlich selbsterklärend. Als ich in die Kink-Community eintrat, nahm ich an, dass man nur aktiv und Top sein kann, wenn man dominant ist. Wenn man devot war, konnte man nur passiv und Bottom sein. Und wenn du ein Switch warst, warst du vermutlich versatil. Aber ich stellte schnell fest, dass diese starren Konzepte nicht auf einen großen Teil unserer Kink-Community zutrafen. Als ich mich bei Recon anmeldete, startete ich mit 50/50, d.h. meine aktive und meine passive Seite waren ausgeglichen. Das entsprach jedoch nicht ganz meinem Verhältnis zu Kink, BDSM und den entsprechenden Machtdynamiken. Mit der Zeit änderte ich mein Profil auf 60% passiv, dann auf 70%, dann auf 80%, dann auf 90% und schließlich auf 100%. Und falls nicht doch noch etwas Unvorhergesehenes passiert, habe ich auch nicht vor, meine Anteile in nächster Zeit zu ändern.
Jetzt denkst du bestimmt, dass NikeShoxBoy (das bin ich) zu 100% devot ist. Und genau das ist das Missverständnis und die Nuance, die bei D/s eine Rolle spielt. Dominanz und aktiv und Unterwerfung und passiv sind nicht unbedingt gleichbedeutend. Recon-Mitglieder geben ihre Vorlieben an und sollten ihr Profil ausfüllen, um ein genaueres Bild von sich selbst zu zeichnen, wer sie sind und wonach/nach wem sie suchen. Als ich mit Kink anfing, sagte man mir, dass Master und Dom sowie sklave und sub gleichbedeutend seien. Ich habe gelernt, dass das nicht unbedingt wahr ist. Die Konnotationen dieser Begriffe sind für mich viel zu differenziert, und ich weiß, dass das auch für viele andere gilt. Das wirft die Frage auf: Wer bist du? Welche Art von Kinkster bist du? Wie stehst du zu den wesentlichen Begriffen von Dominanz und Unterwerfung?
Ich kenne unzählige nuancierte Kombinationen in Bezug auf diese Begriffe. Das bin ich (zum jetzigen Zeitpunkt). Ich bin devot. Aber ich bin kein sklave. Ich habe Grenzen, die respektiert werden müssen. Ich bin nicht auf der Suche nach einem neuen Zuhause oder nach dauerhaftem Besitz. Ich bin sowohl ein aktiver als auch ein passiver sub. Ich diene meinem Dom aktiv und lasse mich passiv von ihm dominieren. Ich bin ein devoter Bottom, aber ich kann auch versatil sein, wenn mein Dom mir befiehlt, dass ich ihn besteigen soll. Das nennt man dann einen devoten Top. Doch bin ich ein Switch? Ich kann wechseln. Aber ich bin nicht darauf aus. Deshalb habe ich mich entschieden, mich in meinem Recon-Profil als 100% passiv zu bezeichnen, obwohl ich nicht nur ein passiver sub bin. Ich habe eigentlich auch eine dominante Seite. Diese wird durch eine Reihe von spezifischen Faktoren ausgelöst. Zurzeit bin ich jedoch auf der Suche nach einem Dom. Genauer gesagt einen Dom für widerspenstige subs, denn ich bin ein Bengel (auf Englisch „Brat"), der sowohl aktiv als auch passiv ist und auch versatil sein kann, wenn es von mir verlangt wird.
Die Nuancen von Dominanz und Unterwerfung in den Kategorien Aktiv, Passiv, Versatil, Switch, Top und Bottom sind faszinierend. Bist du ein Dom/Bottom oder ein sub/Top? Bist du ein passiver Dom und erwartest von deinen subs, dass sie dir zu 100 % aktiv dienen, während du dich zurücklehnst und den Dienst/die Unterwerfung empfängst? Bist du ein Switcher, aber gleichzeitig ein reiner Top - doch ein passiver? Das heißt, du bist Top, aber ziehst es vor, dass dein Bottom dich aktiv fickt? Das mag auf den ersten Blick verwirrend erscheinen. Aber wenn du wirklich darüber nachdenkst, hilft es dir, zu verstehen, wer du wirklich bist. Und es hilft dir auch, passende Partner zu finden.
Ich möchte die gesamte Kink-Gemeinschaft dazu ermutigen, sich mit diesem Thema vertraut zu machen, darüber nachzudenken und zu experimentieren. Wir verändern uns im Laufe der Zeit. Oder wir bleiben gleich. Und das ist der allgemeine Konsens der menschlichen Erfahrung: Alles verändert sich, und alles bleibt gleich. Ein Paradoxon. Aber ich denke, genau das macht das Leben lebenswert.
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