MITGLIEDER-INTERVIEW: ArjanSpannenburg - Beyond Boundaries.

MITGLIEDER-INTERVIEW: ArjanSpannenburg - Beyond Boundaries.

von Recon News

08 April 2024

Von ArjanSpannenburg

Wir haben uns mit Arjan Spannenburg, dem kreativen Partner von Max Govers, getroffen, um über BEYOND BOUNDARIES zu sprechen: ein spannendes Fotoprojekt, das die vielfältigen und dynamischen Menschen der schwulen Fetisch-Gemeinschaft zelebriert.

Im Mittelpunkt des Projekts steht das Engagement für Inklusion und Vielfalt. Es zeigt die vielen verschiedenen Identitäten und Erfahrungen, die die schwule Fetisch-Community ausmachen, und dient als Plattform für Menschen, die sich authentisch ausdrücken wollen, wobei Verständnis und Akzeptanz gefördert werden sollen.

Bitte erzähle Recon von dir und Max

Mein Name ist Arjan Spannenburg. Ich bin Fotograf und habe 2018 mein Studium an der Photography Academy in Amsterdam abgeschlossen. Neben meiner Tätigkeit als Offizier bei der Armee habe ich mich mit Kunstprojekten beschäftigt, von denen viele in der Zerp Galerie in Rotterdam ausgestellt und verkauft werden. In meinen Fotografien beschäftige ich mich mit dem Übergang von der Jugend zur Männlichkeit und der Suche nach Identität. Außerdem nimmt meine Arbeit gelegentlich einen aktivistischen Ton an und greift relevante soziale Themen auf. Ich trage oft Leder, das ich gekonnt mit anderen Kleidungsstücken kombiniere, um sowohl Komfort als auch Flexibilität zu gewährleisten, während ich das Wesen meiner Motive einfange.

Max ist ein leidenschaftlicher Journalismus-Student, der 2001 geboren wurde und mich seit 2021 bei meinen künstlerischen Unternehmungen unterstützt. Er ist nicht nur ein engagierter Journalist, sondern auch Videofilmer und Fotograf. Seine kreativen Talente sind vielfältig und er schafft es immer wieder, fesselnde Texte und Bilder zu erstellen, die unsere Projekte optimal ergänzen. Du erkennst ihn an seinen individuellen, maßgeschneiderten Gummiklamotten, die ein einzigartiger Ausdruck seiner Kreativität und Identität sind.

Was hat dein anfängliches Interesse an Fetisch geweckt?

Als ich bei der Milkshake 2017 in Amsterdam Fotoaufnahmen machte, wusste ich noch nicht viel über die Regenbogengemeinschaft. Als ich dort war, sah ich mehrere Gruppen von Fetischisten, die miteinander interagierten. Ich hatte erwartet, dass sie eher rau sein würden, doch sie waren sehr nett, freundlich und innig. Kurz darauf bat ich darum, Teile des Fetischboots während der Pride Amsterdam zu fotografieren und im Anschluss daran kam ich mit Taco Smit in Kontakt, mit dem ich später auch bei Darklands und Folsom zusammenarbeitete, um dort zu fotografieren. In dieser Zeit lernte ich immer mehr Menschen in der Fetischwelt kennen und verstand, wie sie die Welt sehen, erleben und genießen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie unterschiedlich die Menschen sein können und welche verschiedenen Möglichkeiten sie sich einfallen lassen, um das Leben in vollen Zügen zu genießen.

Wie findest und wählst du die Models aus?

Ich habe eine Menge Ideen für meine Projekte. Aber man braucht mehr als nur eine Idee, es geht darum, den richtigen Ort, die richtigen Leute, die persönliche Energie usw. zu finden. Wenn ich mit Menschen im realen Leben oder online spreche, ergeben sich manchmal einfach Dinge, die mich anregen, und mehr brauche ich nicht. Es ist wichtig, dass das Model ganz natürlich bleibt und sich nicht zu sehr damit beschäftigt, wie es vor der Kamera aussehen wird. Sie müssen mir vertrauen, dass ich eine interessante Visualisierung von ihnen als Subjekt erschaffe und meine Anweisungen befolgen, um das beste Ergebnis zu erzielen.
Für BEYOND BOUNDARIES habe ich mich zunächst auf der Darklands umgesehen. Wir sprachen Menschen an, die anders aussahen als die, die wir bereits gesehen hatten - und enttäuschten damit einige, die unbedingt mitmachen wollten, da wir versuchten, ähnliche Looks zu vermeiden.

Gibt es etwas, das dich bei dem Projekt überrascht hat?

Wir waren überrascht, wie viele Menschen bei BEYOND BOUNDARIES mitgemacht haben und wie viele Organisationen sich an dem Projekt beteiligt haben, um das Thema Vielfalt zu vermitteln. Was uns am meisten beeindruckt hat, war die Anzahl der unterschiedlichen Fetische, die es gibt. Wir haben über 70 Porträts angefertigt, stellten aber später fest, dass es so viele verschiedene Fetische gibt, dass wir sie in diesem Projekt gar nicht abbilden konnten.
Wir hoffen, dass sich im nächsten Jahr die Gelegenheit ergibt, ein neues Projekt über die Vielfalt der Fetischisten zu realisieren. Aber daran arbeiten wir noch :-)

Warst du jemals mit Vorbehalten seitens der Models konfrontiert und wenn ja, wie bist du damit umgegangen?

Wenn ich Leute frage, ob sie an einem Projekt teilnehmen wollen, passiert es selten, dass sie nicht mitmachen wollen. Es kommt schon mal vor, aber meistens liegt es daran, dass sie Angst vor der Reaktion ihrer Freunde, Familie oder ihres Arbeitsplatzes haben, und nicht an der Projektidee an sich.
Ich bemühe mich immer darum, dass sich die Models in der Situation wohlfühlen und hoffe, dass sie mir mitteilen, wenn es ein Problem gibt. Ich hatte noch nie irgendwelche Schwierigkeiten bei einem Shooting, sondern nehme mir die Zeit, den Leuten zu erklären, was sie erwarten können. Ich weiß zudem genau, wen ich für welche Projekte anfrage, und meistens gefällt es den Leuten, weil es zu ihnen passt.

Wie haben deine Freunde und Bekannten auf die Fetisch-Themen im Rahmen deiner Arbeit reagiert?

Viele Menschen scheinen Angst davor zu haben, über ihre Fetische zu sprechen oder darüber, was sie in ihrem Privatleben gerne tun. Ein Freund von mir sagte einmal zu mir: „Wenn du so tust, als wäre es seltsam, wie kannst du dann erwarten, dass andere dich so behandeln, als wäre es normal" - das habe ich inzwischen auf mein eigenes Leben übertragen. Bei der Armee erzähle ich meinen Kolleginnen und Kollegen von der Fetischwelt, was in ihr passiert und wie ich ein Teil davon bin, und zeige ihnen meine Projekte und Kunstwerke.
Für manche Leute ist das unangenehm und manchmal auch verstörend - ich finde das amüsant, denn diese Leute sind selten mutig genug, mir das persönlich zu sagen. Doch es spricht sich herum und wieder andere teilen mir ihre Meinung auch mit. Ich finde es gut, das zu hören, denn die Akzeptanz von LGBT+ bedarf in der Armee noch viel Aufklärungsarbeit.
Die meisten Freunde in meinem Umfeld haben kein Problem mit dem, was ich tue. Heterosexuelle Freunde rückten etwas mehr in den Hintergrund, dafür haben neue schwule Freunde ihren Platz eingenommen. „Mach nie jemanden zur Priorität, wenn er dich an die zweite Stelle setzt" ist ein weiterer Spruch, an den ich mich halte.
(Fetisch-)Kunstwerke haben die Tendenz, ein Eigenleben für den Betrachter zu entwickeln. Jemand aus der Fetischwelt, der sich meine Kunstwerke ansieht, wird sie vielleicht LIEBEN und meine Vision besser verstehen. Jemand mit weißem, heterosexuellem, religiösem Hintergrund hingegen könnte sich bei der Vorstellung, dass ein Mann benutzt wird, unwohl fühlen. Letztendlich hängt es von der persönlichen Perspektive und der Lebenserfahrung des Einzelnen ab, wie die Kunst interpretiert wird.

Hast du neue Fetische entdeckt, die du dann auch persönlich erkunden wolltest?

Als ich mit der Fetischwelt in Berührung kam, wusste ich nicht, was alles möglich ist. Persönlich habe ich seitdem einige neue Elemente entdeckt, mit denen ich gerne experimentiere. Aber am wichtigsten ist für mich die persönliche Verbindung und die tiefere Vertrauensebene zwischen mir und dem anderen. Es geht immer darum, zu entdecken, was jemand mag und wie Interaktionen gegenseitig erlebt werden.
Ich habe auch viele Fetische entdeckt, die mich faszinierten, ich aber kein Interesse daran hatte, sie selbst auszuprobieren oder zu erleben. Das Leben ist keine Gebrauchsanweisung und ich mag es, wenn die Dinge weniger durchgeplant sind. Schließlich ist es nicht die Armee, die Schritt für Schritt neues Terrain erobert, also will ich sehen, wie sich das entwickelt.

Wie kann man sich mit deinem Projekt auseinandersetzen und es sich ansehen?

Das Projekt BEYOND BOUNDARIES ist online auf unserer Website und auf unserem YouTube-Kanal zu sehen. Im Sommer 2023 war es außerdem Teil einer Kunstausstellung im Zentrum von Amsterdam. Falls Leute eine tolle Idee oder Gelegenheit für eine weitere Ausstellung haben, sollten sie uns auf jeden Fall kontaktieren!


*** Wenn du ein Fetisch- oder Kink-Erlebnis in einem Mitgliederartikel teilen möchtest, schicke deine Ideen oder einen ersten Entwurf an: social@recon.com

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