NOCH EINMAL LESEN - RACE BANNON : Schließt sie weg!

NOCH EINMAL LESEN - RACE BANNON : Schließt sie weg!

von Recon News

24 Oktober 2022

Race Bannon alias Mitglied LoneWolfPig ist Organisator, Autor, Pädagoge, Redner und Aktivist in den Bereichen LGBT, Leder/Kink, Polyamorie und HIV/STI-Prävention seit 1973. In diesem Artikel spricht er über Keuschheit und das Locktober-Phänomen.

Pünktlich zum "Locktober" scheint das Thema Keuschheit rasant an Popularität zu gewinnen. Ob es nun an der Vielzahl von Produkten liegt, die zum Verkauf angeboten werden, oder aber an der anhaltenden Masse an Kinkstern, die Posts über ihr Keuschsein oder das Verschließen eines anderen Kerls teilen - es scheint in jedem Fall ein starker Trend zu sein, den Zugang eines Mannes zu seinem Schwanz zu beschränken.

Seht euch all die Jungs an, die in diesem Monat Beiträge mit dem Hashtag #Locktober auf Social Media und Recon gepostet haben, um zu signalisieren, dass sie im Oktober keusch sind. Verdammt, ich liebe kinky Männer!

In den 1980er Jahren besaß ich einen Keuschheitsgürtel aus Messing, der aus einem dicken, verschließbaren Metallgürtel bestand, welcher einen relativ großen Messingkäfig an Ort und Stelle hielt, der Schwanz und Eier umschloss, wenn er einmal verriegelt war. Im Vergleich zu den heute erhältlichen Exemplaren war er ziemlich sperrig und unförmig. Und wieder einmal kann ich mit jüngeren Kinkstern darüber scherzen – nach dem Motto: „damals in meiner Jugend mussten wir noch (Kink-Schwierigkeit nach Wahl einfügen)". Es gibt immer weitere Neuerungen und bessere Produkte, offensichtlich auch im Bereich Keuschheit.

Ich habe also jahrzehntelang auf dem Gebiet Keuschheit als devoter Part Erfahrungen gesammelt, doch das änderte sich vor fast drei Jahren, als ich anfing, regelmäßiger mit einem Mann zu spielen, zu dem ich bereits seit ein paar Jahren regelmäßig Kontakt hatte. Als wir anfingen, mehr zu spielen, verwandelte sich die Machtdynamik hin zu seiner Unterwerfung mir gegenüber. Das war unter anderem deshalb bemerkenswert, weil dieser Mann in der Vergangenheit innerhalb der Leder-, BDSM- und Kink-Szene ausschließlich als Dom-Top bekannt war. Dieser Mann heißt auf Recon SFHairyFuck und obwohl er sich mir unterordnet als sub, bat ich ihn um Erlaubnis, seinen Benutzernamen hier verwenden zu dürfen.

Wie bei vielen anderen Jungs auch, legte er sich zunächst selbst den Käfig an, jedoch aus einem ganz besonderen Grund, was meines Erachtens die erstaunliche Anpassungsfähigkeit und Kreativität von uns Kinkstern belegt. Er hatte nämlich mit einigen Gesundheitsproblemen zu kämpfen, die es schwierig machten, eine Erektion zu bekommen, was für jemanden mit einer so langen Geschichte als Dom und Top durchaus eine große Belastung sein kann. Aber er verinnerlichte das Motto: „Limonade aus Zitronen machen" und entwickelte eine neue Kink-Identität und Darstellung, die seiner körperlichen Herausforderung gerecht wurde. Er kaufte einen geilen Keuschheitsgürtel, der seinen Schwanz sicher verschloss, wobei die Eichel durch das mit Zähnen versehene Maul eines Tigerkopfes ragte, ein Anblick, der überaus sexy ist.

Das Verschließen seines Schwanzes wurde zur physischen Manifestation einer mentalen Reise, die er tapfer auf sich nahm, um sein erotisches Selbst neu zu formen. Er agiert nach wie vor als Dom und Top bei BDSM, Pisse und gewissen anderen Kinks, ist allerdings auch als devotes Fickloch unterwegs und zählt diese Seite mit zum Hauptkern seiner sexuellen Identität.

Ich erinnere mich noch daran, als wir eines Abends in die Eagle Bar in San Francisco gingen. Es war das erste Mal, dass er sich öffentlich als Bottom zeigte, mit Schlüssel und marineblauem Taschentuch auf der rechten statt der linken Seite. Ich sah, wie sein Gesicht aufleuchtete, als er in einer vollen Bar von Männern umgeben war, die alle sahen, dass er signalisierte, dass er ein Bottom und ein sub ist. Er glühte mit einem Gefühl des erotischen Erfolgs und vor Stolz.

Jedes Mal, wenn ein Typ auf uns zukam, um mit uns zu reden, erwähnte mein Kumpel ganz beiläufig in der Unterhaltung, dass ich seinen Schwanz eingesperrt hatte und sein Dom war. Einer wollte seinen Keuschheitsgürtel sehen woraufhin er ihn stolz aus seiner Hose holte. Der zufriedene Ausdruck auf dem Gesicht meines Kumpels war ein eindeutiger Beweis dafür, dass er mit seiner neuen sub-Identität eine gute und richtige Entscheidung getroffen hatte. Er stand dort in der Bar, mit dem Schwanz im Käfig, der wiederum draußen hängend und zur Schau gestellt, während wir uns die ganze Nacht lang mit Dutzenden von Männern ganz entspannt unterhielten. Es war ein entscheidender Punkt für ihn, der Welt offiziell zu verkünden und sich selbst gegenüber zu zeigen, dass er nun auch ein sub war.

Er ist inzwischen seit zwei Jahren und neun Monaten keusch. Mit Ausnahme der Reinigung oder medizinischer Eingriffe bleibt er stets verschlossen. Den Schlüssel zu seinem Schwanz verwahre ich in der Nähe meines Bettes, wenn ich schlafe.

Keuschheit ist nichts für jeden. Ich habe einen wundervollen Mann, der seit nunmehr fast acht Jahren ganz mein ist (Doctatts auf Recon). Wenn wir mal nicht zusammen unterwegs sind, ist er hauptsächlich Top und Dom. Ich habe mich dazu entschieden, sein recht beachtliches Gemächt nicht einzusperren, weil ich es mag, dass er seine Top- und Domseite voll und ganz genießen kann. Seine Switch-Natur macht mich an. Aber wenn ich meinen oben erwähnten sub keusch halte, dann entwickelt er sich als Kinkster weiter - und ist es nicht genau das, was wir uns für jeden Kerl in der Kinkwelt wünschen? Dass er weiterkommt. Dass er wächst. In seiner Sexualität schwelgt. Ich wünsche mir das jedenfalls sehr.

Wie meistens, wenn ich einen Artikel schreibe, habe ich Freunde in den sozialen Netzwerken um ihr Feedback zum Thema Keuschheit gebeten. Die Reaktionen waren überwältigend - es gab so ziemlich die enthusiastischsten und ausführlichsten Antworten, die ich je auf eine solche Bitte um Feedback erhalten habe. Ich muss auf jeden Fall noch einen weiteren Artikel schreiben, um all die großartigen Kommentare verwerten zu können. Da ich den Bergen an Rückmeldungen, die ich von Keyholdern und Trägern von Keuschheitskäfigen erhalten habe, nicht gerecht werden kann, hier zunächst ein paar Gründe, warum das Thema so gut ankommt, warum es verbreitet ist und wie man sich auf diesen Kink einlassen kann.

Unter denen, die keusch sind, sehen es einige als eine Form der direkten sexuellen Befriedigung. Andere wiederum empfinden es als ein Symbol der Unterwerfung dem Dom gegenüber, der im Besitz des Schlüssels ist und als Möglichkeit, dem anderen die Kontrolle über sein Vergnügen zu überlassen. Viele äußerten ein zunehmend gesteigertes erotisches Verlangen mit jedem Tag zu empfinden, an dem sie eingesperrt sind. Keuschheit ist dabei nicht gleich Keuschheit. Einige betrachten die Keuschheit als einen von vielen Aspekten ihres Spiels, während andere sie als zentralen Punkt für ihr erotisches Leben erachten.

Warum Keuschheit so populär geworden ist, darüber gibt es verschiedene Meinungen. Das Phänomen Locktober hat die Keuschheit sicherlich weiterverbreitet und bekannter gemacht. Besser konstruierte Produkte von größerer Vielfalt haben auch dabei geholfen. Stressabbau in diesen verrückten Zeiten war eine weitere Vermutung der Antwortenden - als eine Art Motivation. Die Verlagerung der Aufmerksamkeit vom eigenen Schwanz hin zum eigenen Loch wurde ebenfalls oft angeführt. Die Reduzierung der Stigmatisierung wurde ebenso erwähnt wie der Wunsch nach Objektivifizierung. Die leichte Zugänglichkeit zu den Produkten bzw. der Gear für die Keuschheit in Kombination mit einem geringen technischen Aufwand dürfte der Keuschheit zu mehr Popularität verholfen haben. Natürlich haben auch die Bilder im Web und die sozialen Medien ihren Teil dazu beigetragen. Das Wort „Mindfuck" (Gedankenfick/Geistesfick) wurde oft genannt als möglicher Beweggrund.

Als ich sie dann um Ratschläge für Anfänger bat, gaben mir meine Follower ein paar tolle Tipps. Es ist nicht überraschend, dass Kommunikation für viele ein wichtiger Aspekt ist. Wo und mit wem ein Schlüssel geteilt wird, sollte sorgfältig verhandelt werden. Die meisten berichteten, dass sie immer einen Notfallschlüssel bei sich tragen und einige andere meinten, dass Plastikgeräte ja im Notfall leicht kaputt gehen würden, wenn man keinen Schlüssel bei sich tragen möchte und in Versuchung oder in die Bredouille käme, den Käfig zu öffnen bzw. öffnen zu müssen.

Mach langsam. Experimentiere einfach. Gehe mit realistischen Erwartungen, Limits und Möglichkeiten an das Thema heran. Achte beim Kauf der richtigen Produkte und Gear genau darauf, dass es passt. Finde das richtige Gerät für den Einsatzzweck, der dir vorschwebt. Die Größe des Geräts ist wichtig, damit es bequem sitzt, vor allem bei längerem Gebrauch.

Sei dir darüber im Klaren, dass man eine Vielzahl von Emotionen durchleben kann, wenn man verschlossen ist. Wenn du einen Schlüssel von jemandem besitzt, solltest du dich regelmäßig mit dem verschlossenen Kerl treffen, da sein Headspace sich stark verändern kann. Diejenigen, die eingesperrt sind, sollten aus demselben Grund auch immer wieder zu ihrem Keyholder Kontakt aufnehmen.

Halte den Käfig, deinen Schwanz und deine Eier sauber. In der Regel musst du den Cage gelegentlich aufschließen, um das ordentlich zu tun. Keyholder müssen voll und ganz mit den Leuten, die sie verschließen, vertraut sein, damit es eine vollwertige Erfahrung wird. Natürlich halten sich viele Männer aber auch selbst keusch. Holt euch also am besten Rat von denen, die bereits Erfahrung auf diesem Gebiet gesammelt haben.

Ich wünsche einen fröhlichen Locktober! Falls du verriegelt bist oder einen Schlüssel besitzt, dann genieße es. Wenn Keuschheit für dich neu ist, dann kann ich nur sagen, dass es echt Spaß macht, diesen Kink zu entdecken. Wenn du Freunde hast, die auf Keuschheit stehen, frage sie, was sie so daran reizt. Vielleicht wird es ja sogar zu einem neuen Fetisch von dir…


*** Wenn ihr eine Fetisch- oder Kink-Erfahrung in einem Mitgliederartikel teilen möchtet, sendet eure Ideen oder einen ersten Entwurf an: social@recon.com

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