Wichtige Ratschläge zum Schutz Deiner sexuellen Gesundheit bei Kink- Events
von
Recon News
13 Februar 2025
Von
Dr. Liam Wignall & Dr. Tom Carpino,
Willkommen zum ersten von einer Reihe von (halbwegs) regelmäßigen Beiträgen und tiefgehenden Einblicken in die Schnittmengen zwischen Kink und Psychologie. Ich bin Dr. Liam Wignall, ein Psychologie-Dozent und Kink-Forscher. In diesem ersten Beitrag werde ich von Dr. Tom Carpino, einem Forscher auf dem Gebiet der sexuellen Gesundheit, unterstützt.
Die Zeit der Kink-Events rückt langsam näher. Darklands Europe feiert sein 15-jähriges Bestehen, Recon feiert sein 25-jähriges Bestehen mit der Fetish Week London, und Folsom Europe (Berlin) und Folsom Street (San Francisco) sind in den Kalendern vieler Menschen fest verankert. Viele reisen ins Ausland, um alte oder neue Freunde zu treffen, ihr bestes kinky Leben zu leben und das „normale" Leben für eine Weile zu vergessen.
Bei meinen Nachforschungen erzählten mir Kinkster, dass sie ihr komplettes Jahr rund um große Kink-Events planen und zugunsten von „Kink-Feiertagen" auf die traditionellen Festtage zur Erholung und Entspannung verzichten. Diese Veranstaltungen haben jedoch nicht nur die Aufmerksamkeit von Kinkstern auf sich gezogen, sondern sind auch auf dem Radar der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des US-Zentrums für Krankheitskontrolle und -prävention aufgetaucht.
Im Jahr 2020 war Darklands eines der letzten großen internationalen Kink-Events vor der Einführung der Ausgangssperre aufgrund von Covid-19. Viele Menschen beobachteten die Veranstaltung mit Spannung, um zu sehen, was passieren würde. Darklands gab eine Erklärung darüber ab, welche Maßnahmen ergriffen wurden, darunter mehr Desinfektions- und Handhygiene-Stationen. Wie erwartet, meldeten die Menschen im Nachhinein erhöhte Raten von Covid-19-Übertragungen.
Wir sprachen im Anschluss an die Veranstaltung mit Teilnehmenden (von denen sich einige mit Covid-19 angesteckt hatten) und sie meinten, sie würden wieder hingehen, obwohl sie sich der erhöhten Risiken bewusst waren. Sie wägten die Bedenken gegen das Bedürfnis nach potenziellen Vorteilen wie Intimität, Verbundenheit und Kink ab - etwas, das vielen von uns zu dieser Zeit fehlte. Covid-19 stellte ein Risiko für die körperliche Gesundheit dar, doch für manche hätte der Verzicht auf den Besuch von Darklands auch Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit gehabt.
Erst kürzlich, im Jahr 2022, wurden die Mpox (früher auch Affenpocken genannt) zu einem ernsten Problem für die öffentliche Gesundheit. Sie wurden vor allem mit großen Kink- und Fetisch-Veranstaltungen in Verbindung gebracht. Zur Erinnerung: Mpox ist eine Virusinfektion, die schwere und schmerzhafte Beulen und Hautausschläge verursachen und für Menschen mit HIV besonders schwerwiegend sein kann. Kink-Events wurden aufgrund des vermehrten Körperkontakts als „Superspreader"-Veranstaltungen für Mpox bezeichnet, und die WHO veröffentlichte eine Pressemitteilung, in der sie darauf hinwies, wie wichtig es ist, vor Kink-Events Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
Im Gespräch mit Antoin vom Recon-Team wurde deutlich, dass es bei der Organisation der Fetish Week London und bei Spielpartys auf der ganzen Welt immer wieder gesundheitliche Bedenken gibt. Die San Francisco Aids Foundation hat die Notwendigkeit klarer Informationen erkannt und einen Leitfaden herausgegeben, der zeigt, wie man die Folsom Street trotz Mpox navigieren und Spaß haben kann.
Dieser Artikel soll keine Panikmache sein oder dir ein schlechtes Gewissen machen, wenn du zu Kink-Events gehst. Alle Aktivitäten sind mit Risiken verbunden - wer mit dem Zug oder Bus fährt, riskiert eine Erkältung oder Grippe; wer sich in einem Restaurant etwas zu essen holt, kann sich eine Lebensmittelvergiftung zuziehen; wer mit seinem Vorgesetzten spricht, riskiert Migräne. Anstatt sich zu Hause zu verkriechen und alles und jeden zu meiden, sind sich die meisten von uns der Risiken im Alltag bewusst und überlegen, wie sie damit umgehen können.
Dieser Ansatz der Risikokontrolle findet auch bei Kink im Allgemeinen Anwendung. Einige Kink-Aktivitäten sind naturgemäß riskant - zu enge Fesseln können die Blutzirkulation beeinträchtigen; falsch ausgeführte Schläge können zu langfristigen Verletzungen führen; das Spiel mit Einwilligung innerhalb einer Kink-Session kann potenziell zu psychischem Stress führen. Im Kink-Bereich tun wir nicht so, als ob es diese Risiken nicht gäbe, sondern denken stattdessen darüber nach, wie wir die Risiken dieser Aktivitäten steuern und möglicherweise reduzieren können.
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Körperliche Nähe und Intimität (sexuell und nicht sexuell) sind ungeheuer wichtig. Wenn du also darüber nachdenkst, demnächst auf große Kink-Events zu gehen, sind wir uns sicher, dass du eine fantastische Zeit haben wirst (und wir hoffen, dass wir dich mit unserer Diskussion bis jetzt nicht verunsichert haben!). Vielmehr möchten wir, dass du dir der potenziellen Risiken bewusst bist, die mit der Teilnahme an Kink-Events und Kink im Allgemeinen einhergehen, und darüber nachdenkst, wie du sie handhaben kannst. Einige Empfehlungen diesbezüglich sind:
• Berücksichtige deine sexuelle Gesundheit - Falls du sexuell aktiv bist (oder dein Kink eine Form von sexuellem Kontakt beinhaltet), solltest du dich regelmäßig um deine Gesundheitschecks und Tests kümmern. Es könnte sogar eine gute Idee sein, einige Wochen vor und ein paar Wochen nach einer Kink-Veranstaltung eine Untersuchung durchführen zu lassen. Bedenke auch, dass ein Anal- und ein Penisabstrich nichts darüber aussagen, ob du eine Infektion im Rachen hast oder umgekehrt! Wenn möglich, sollte man immer alle drei Abstriche durchführen.
• Sprich mit deinem Ansprechpartner für sexuelle Gesundheit - Ehrliche Kommunikation ist wichtig, um die Behandlung zu bekommen, die du brauchst. Wenn du beispielsweise Rimming oder Fisting betreibst, solltest du dich gegen Hepatitis A impfen lassen. Oder wenn man ein Wochenende lang viel kondomlosen Sex, Rachenficks und ähnliches hat, kann DoxyPEP, wenn es innerhalb von 72 Stunden eingenommen wird, das Risiko von Gonorrhoe und Chlamydien erheblich verringern. Auch Impfungen gegen andere Krankheiten, wie Covid-19, Meningitis oder andere Infektionen, die durch Hautkontakt übertragen werden können, sollte man mit seinem behandelnden Gesundheitsexperten besprechen.
• Ziehe eine gezielte Medikation in Betracht - Solltest du nicht mit HIV leben, antiretrovirale Medikamente einnehmen und unter Nachweis sein, erwäge eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme in Form einer PrEP. Wenn du bereits PrEP nimmst, könntest du auch eine Langzeitversion in Erwägung ziehen, damit du auf Reisen zu Veranstaltungen nicht mit der Einnahmeplanung zu kämpfen hast.
• Sei anderen gegenüber aufgeschlossen - sexuelle Kommunikation sieht für jeden anders aus. Es mag vielleicht etwas umständlich sein, aber wenn es dir wichtig ist, dann warte nicht, bis du kurz davor bist, jemanden an einem Glory Hole zu blasen oder bis du bereits penetrierenden Sex hattest, um klärende Fragen zu stellen - das ist einfach nicht der richtige Zeitpunkt! Führe diese Gespräche im Voraus. Außerdem könnte man seinen Impf- oder HIV-Status in seinem Recon-Profil angeben, auch wenn das natürlich keine Voraussetzung ist.
• Hör auf deinen Körper - wenn du dich nicht wohl fühlst, solltest du dich nicht zu einer Teilnahme hinreißen lassen. Möglicherweise bekommst du FOMO (Angst davor, etwas zu verpassen), aber noch schlimmer wäre es doch, wenn du an einer Veranstaltung teilnimmst, obwohl du dich nicht gut fühlst, es dir dann dort schlecht geht und du deine Krankheit möglicherweise an andere weitergibst (wir sollten uns um unsere Gemeinschaft kümmern). Wir haben bereits Mpox und Covid-19 erwähnt, aber die Grippe ist genauso schlimm. Außerdem wird es immer eine nächste Kink-Party geben!
• Achte auf deinen Körper - wenn du vorhast, viele Stunden lang Sex zu haben, ist es wichtig, dich zu pflegen, damit du in Topform bist und Spaß hast. Iss etwas, trinke Wasser, geh an die frische Luft. Selbst wenn etwas tief in deinen Körper eindringen soll, musst du dich ausreichend mit Nahrung und Flüssigkeit versorgen (Übrigens: Der Verzehr von Joghurt kann dein Mikrobiom stärken, was bei intensiven Arschspielen sehr nützlich sein kann).
• Geh gut mit dir um - Obwohl es in diesem Beitrag hauptsächlich um körperliche Gesundheit und Geschlechtskrankheiten geht, wissen wir, dass es wichtig ist, sich um deine mentale Gesundheit zu kümmern, denn manchmal muss man ganz schön jonglieren - seien es körperliche, geistige, mentale oder emotionale Bedürfnisse. Es ist wichtig, dass wir uns nicht selbst verurteilen, wenn wir eine „Verschnaufpause" oder eine „Auszeit" brauchen, vor allem während eines hektischen und feuchtfröhlichen Ereignisses. Stigmatisierung ist eine real existierende Sache, und sie geht nicht immer von anderen aus, sondern manchmal auch von den Erwartungen, die wir an uns selbst stellen, wie wir uns in verschiedenen Situationen verhalten sollten.
• Schließe Freundschaften - knüpfe Verbindungen mit anderen. Sei neugierig. Stelle Fragen. Baue eine Gemeinschaft auf. Und wenn du von jemandem eine Ladung (oder irgendetwas anderes) bekommst, dann nimm vielleicht auch seine Kontaktinformationen mit auf. Natürlich ist das in einem Darkroom eher schwierig, aber einer der größten Vorteile einer App wie Recon bei Kink-Events besteht darin, dass du die Leute für ein potentiell späteres Vergnügen kontaktieren kannst. Darüber hinaus hast du die Möglichkeit, deine Partner wissen zu lassen, falls du nach einem Checkup positiv auf etwas getestet wurdest, damit sie sich selbst darum kümmern können. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, warum nicht einender Cruisen oder sich gegenseitig Nachrichten über die Apps schicken.
Und zu guter Letzt, und das ist entscheidend, hab Spaß.
Weitere Informationen über Geschlechtskrankheiten, sexuelle Gesundheit und Kink findest du unter den unten stehenden Links!
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